Fotoverbot in Thüringen „wegen DSGVO“?

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Fretterode, Eichsfeld, Thüringen: Fotojournalisten fotografieren abends im öffentlichen Raum Personen, die auf den Weg zu einer Neonazi-Veranstaltung sind. Plötzlich tauchen aus dem Dunkeln Polizisten auf und wollen das Fotografieren untersagen. Ihr Argument: die Regeln der „digitalen Welt“, die DSGVO. Auf Gegenargumente der Fotojournalisten gehen die Vertreter des Staates erst gar nicht ein. Erst ein Telefonat mit dem Rechtsanwalt der Fotojournalisten führt dazu, dass die Ordnungskräfte die (Foto-)Pressefreiheit anerkennen. Diese Szene findet sich in einer Reportage der NDR-Sendung „ZAPP“ vom 28. November 2018 (Minute 4:19).

Warum dürfen Journalisten „das“? iGanz einfach: in allen Bundesländern in Deutschland, auch in Thüringen und selbst im Eichsfeld, gelten Ausnahmen von der DSGVO, wenn es um (foto-)journalistische Arbeit geht. Das ist im Landespressegesetz geregelt. Danach gilt, dass (Foto-)Journalisten im Wesentlichen ohne DSGVO arbeiten dürfen. Sie müssen zwar darauf achten, dass die Fotos nicht zu anderen Zwecken als dem Journalismus genutzt werden und dass die Bilder sicher aufbewahrt werden. Das war es dann aber schon mit der DSGVO im Journalismus.

Fotojournalisten können Fotos frei aufnehmen. Wenn es um die Verbreitung dieser Bilder geht, gibt es bestimmte Grundregeln, die im Kunsturhebergesetz (KUG) geregelt sind. Das erlaubt die Veröffentlichung von Bildern nur in bestimmten Zusammenhängen bzw. aus besonderen Anlässen. Auch können abgebildete Personen eine Veröffentlichung verhindern, wenn sie berechtigte Interessen geltend machen können. Allerdings kann die reine Aufnahme im Regelfall nicht verhindert werden, wenn ein Journalist am Drücker ist. Das hat das Bundesverwaltungsgericht schon vor Jahren entschieden. Damals mussten sich sogar Polizisten gefallen lassen, von einem Journalisten fotografiert zu werden.

Übrigens wurde aus dem Kreis der Besucher/innen der Veranstaltung dann noch versucht, an die Personendaten der Fotojournalisten zu kommen (Minute 5:30 des ZAPP-Beitrags). Vermutlich, um zu schauen, inwieweit diese gestalkt werden könnten. Auch hier wollte sich die Polizei offensichtlich zunächst zum Büttel der Neonazis machen. Und auch hier konnten die Fotojournalisten dieses Ansinnen ablehnen. Wenn sie sich auch der Polizei selbst gegenüber ausweisen müssen, so besteht kein Anspruch der fotografierten Personen auf unmittelbare Auskunft über Daten des Fotojournalisten. Es genügt, dass die Polizei prüft, ob die fotografierenden Personen als Fotojournalisten ausgewiesen sind bzw. journalistische Zwecke plausibel dargelegt werden. Sollte eines Tages das Foto in anderen, nichtjournalistischen Zusammenhängen auftauchen und diese Nutzung Rechte verletzen, hätten die fotografierten Personen immer noch die Möglichkeit, über die damaligen Personenfeststellungen der Polizei dafür zu sorgen, dass eine rechtswidrige Nutzung unterbunden und geahndet wird.

Fotoverbote: ein Problem, das übrigen nicht nur Fotojournalist/inn/en haben, die Neonazi-Veranstaltungen fotografisch begleiten. Wie ein DJV-Mitglied berichtete, springen ihm derzeit bei fast jedem Anlass irgendwelche Bürger ins Gesicht, mit dem Hinweis „DSGVO“. Der umgekehrte Verweis auf das Medienprivileg und die Ausnahmen von der DSGVO für Journalisten hat oft wenig Wirkung. Erst recht, wenn altkluge Polizisten dazukommen, die alles besser zu meinen glauben.

Hinzu kommt die neue Gattung der (vermeintlichen) Fotoaufnahmen-„Sprenger“. Sie lassen sich erst seelenruhig fotografieren, auch bei Gruppenaufstellungen, um nachher hämisch mitzuteilen, dass die Bilder nicht genutzt werden dürften, denn sie seien halt – jetzt – dagegen. Natürlich schauen diese „Spaßvögel“ dann manchmal ganz verdutzt, wenn sie auf das Presseprivileg aufmerksam gemacht werden. Manche werden aber umgekehrt auch mitunter ganz aggressiv.

Alles das zeigt: ein klares Bekenntnis der Landesdatenschutzbehörden zur (Foto-)Pressefreiheit ist überfällig. Dass es ausbleibt, zeigt, wie wenig die freie Fotografie den Datenschützern am Herzen liegt.

Red.

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