„Strache-Video“: Datenschutzbehörde Baden-Württemberg weiter gegen Foto-/Filmfreiheit

Schon seit Monaten ist bekannt, dass das Landesdatenschutzamt Baden-Württemberg versucht, die Foto- und Filmfreiheit in Deutschland mit dem Argument „DSGVO“ einzuschränken. Zuletzt hatte der Präsident des Amtes einen fragwürdigen Artikel in einer Fachzeitschrift veröffentlicht, in dem er sogar die Geltung des foto- und filmfreundlichen Kunsturhebergesetzes im Journalismus in Frage stellte.

Aktuell sorgt die Behörde mit einer weiteren abseitigen Position für Furore: die Veröffentlichung des „Strache-Videos“, in dem österreichische Politiker verdeckt gefilmt wurden, sei eine Datenschutzverletzung, behauptete der Landesdatenschützer Stefan Brink per Twitter, gegenüber dem Rundfunk und in anderen öffentlichen Stellungnahmen.

Nicht nur zahlreiche Politiker verteidigten die Veröffentlichung als legitim, selbst der Bundesbeauftragte für den Datenschutz sah sich angesichts solcher pressefeindlichen Aussagen zum Widerspruch gegen Baden-Württemberg gezwungen.

Der rechtliche Hintergrund: Zunächst einmal kommt es gar nicht darauf an, ob die Aufnahme und/oder deren Verbreitung aus irgendeinem Grund als rechtswidrig einzustufen ist. Die hohe gesellschaftliche Bedeutung der Presse- und Meinungsfreiheit erlaubt auch die an sich rechtswidrige Aufnahme und Verbreitung von Bildern, wenn ein legitimes Informationsinteresse der Öffentlichkeit das Schutzbedürfnis der Person überwiegt, deren Rechte verletzt wurden. Das ist die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs. Auf Grund einer solchen Abwägung durfte der verdeckte Reporter Wallraff vor Jahrzehnten über Details aus der „BILD-Zeitung“ berichten. Dem Bundesgerichtshof zufolge waren auch Filmaufnahmen über Zustände in einem Tierzuchtbetrieb zulässig, obwohl sie nur durch einen Einbruch möglich waren. Es gibt also kein absolutes „Verwertungsverbot“ für rechtswidriges Material im Bereich der Medien und Meinungsarbeit.

Zum anderen zeigt die Stellungnahme des Landesdatenschutzamtes erneut, dass hier eine Behörde hartnäckig daran arbeitet, ihre foto- und filmfeindliche Auffassung durchzusetzen. Es handelt sich um eine Behörde, deren Präsident in dem oben erwähnten Beitrag die Auffassung vertritt, das geltende Kunsturhebergesetz gelte nicht mehr, nicht einmal im Journalismus. Und das trotz eines anderslautenden Urteils des Oberlandesgerichts Köln, das explizit geurteilt hatte, dass das Kunsturhebergesetz jedenfalls im Journalismus unzweifelhaft gelte.

Zu den Strategien der Gegner der Foto- und Filmfreiheit gehört übrigens zu behaupten, es müsste neuerdings für die Aufnahme von Bildern eine explizite Erlaubnis vorliegen, selbst wenn das Kunsturhebergesetz im Übrigen gelte. Die Auffassung „Bilder ohne Erlaubnis sind unzulässig“ ist in der Argumentation des baden-württembergischen Landesdatenschützers gegen das „Strache-Video“ deutlich wiederzufinden.

Es ist keine Frage, dass verdeckte Bildaufnahmen ohne besonderen Grund nicht zulässig und ohne solche Umstände auch nicht zu veröffentlichen sind. Wer allerdings nicht erkennt, dass ein solcher besonderer Grund vorliegt, wenn ein Vize-Kanzler über politische Käuflichkeit, die Einflussnahme auf Medien und Zahlungswege an seine Partei spricht, versteht nichts von Presse- und Meinungsfreiheit. Angesichts der wichtigen Rolle politischer Amtsträger und der Medien müssen solche Aussagen natürlich öffentlich gemacht werden.

Von der Bundespolitik ist zu fordern, dass sie angesichts solcher Aussagen endlich für Rechtssicherheit in Bezug auf das Kunsturhebergesetz sorgt und dessen Geltung über eine Regelung im Bundesdatenschutzgesetz noch einmal bekräftigt. Im Bundestag fehlt es aber an der Bereitschaft, einen entsprechenden Vorstoß der SPD-Bundestagsfraktion umzusetzen. Nicht nur der Deutsche Journalisten-Verband, sondern auch Datenschutzexperten fordern eine solche Regelung. Natürlich würde eine solche Klarstellung nicht automatisch jedes „Video à la Strache“ legalisieren, sie könnte allerdings deutlich machen, dass die Politik sich ganz grundsätzlich zu einer freiheitlichen Foto- und Filmberichterstattung bekennt. Der Datenschutzexperte Malte Englert hat darauf hingewiesen, dass ohne solche Klarstellungen „chilling effects“ eintreten, also eine Verunsicherung von Foto- und Filmproduzenten durch Landesdatenschutzbehörden wie in Baden-Württemberg.

Zugleich muss natürlich auch gefragt werden, ob das Landesdatenschutzamt Baden-Württtemberg weiterhin von Personen repräsentiert werden kann, die sich so deutlich gegen alle Grundsätze der freien Berichterstattung wenden, selbst in so eindeutigen Fällen wie im Fall des „Strache-Videos“.

 

Red.

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